Dirk Salz Harald Schmitz-Schmelzer: Farbraumkonstruktionen 4.2.–7.4.2024

Kategorie: Allgemein, Archiv, Ausstellung, Großer Raum, presse, Studio

Dirk Salz Harald Schmitz-Schmelzer
Farbraumkonstruktionen
4.2.–7.4.2024


Eröffnung: Sonntag, den 4. Februar um 12:00 Uhr, Dr. Gabriele Uelsberg im Gespräch mit Dr. Bernd Lausberg
Künstlergespräch: Samstag, 16. März um 15:00 Uhr, Dr. Britta E. Buhlmann – langjährige Direktorin
des Museums Pfalzgalerie Kaiserslautern – im Gespräch mit Dirk Salz
Öffnungszeiten: Mi-Fr: 15-18 Uhr I Sa: 14-17 Uhr I So 11-17 Uhr

Beide Künstler sind in ihrer Kunst mit Farbmalerei befasst, wenngleich sie wie Bildhauer Objekte voller Volumen gestalten. Schicht für Schicht entwickeln sie aus der Materialität von unterschiedlichen Werkstoffen Bildobjekte, deren innere Unendlichkeit Farbe und Licht in einen Dialog mit den Betrachtern bringen. Dirk Salz ist in vielen Ausstellungen im In- und Ausland aktiv, während Harald Schmitz-Schmelzer vor einiger Zeit allzu früh verstorben ist. Eine Entdeckung und eine Begegnung ermöglichen uns beide künstlerischen Konzeptionen. Spannend ist es, die Unterschiede in diesen seelenverwandten Werken zu erfahren.


Dirk Salz

Dirk Salz ist in seiner Kunst mit Farbmalerei befasst wie ein klassischer Maler, wenngleich er wie ein Bildhauer arbeitet und das Bild als gestaltetes Volumen vollendet. Schicht für Schicht entwickelt er aus der Materialität seiner unterschiedlichen Werkstoffe mit Pigmenten, Harzen, Aluminium oder Holz Bildobjekte, deren innere Unendlichkeit, Farbe und Licht sich gleichermaßen in einem Dialog mit den Betrachtern intensivieren.

Dirk Salz grundiert seinen Bildträger, der in der Regel aus Holz- oder Aluminiumplatte besteht, meist schwarz und legt dann die pigmentierten Harzschichten sukzessive darüber, so dass sich die Farbigkeit vom Dunkel ins Licht aufbaut und so ein ganz natürliches Erscheinungsbild aufweist. Die letzte obere Schicht wird in der Regel transparent und stark glänzend gestaltet und ist die Schwelle des Betrachters zum Eintritt ins Bild und zur Spiegelung seiner selbst. Diese Spiegelungen sind auch untrennbar mit dem Werk selbst verbunden und zeigen in einem sehr ambivalenten Gesamtspiel das Licht als einen eminent wichtigen Aspekt in den Erscheinungsformen dieser Arbeiten. Oftmals können durch den seitlichen Lichteinfall sogar radiale Strahlen von den Bildrändern ausgehen, die an die Wand geworfen sind, so dass das Bild sich über sein eigentliches Format hinaus in den Raum ergießt.

Die Verwendung von pigmentierten Harzen gibt der Farbigkeit einen stofflichen Umraum, in dem das einzelne Pigment umschlossen wird und dadurch wie ein Reflektor für das Licht wie für den betrachtenden Blick fungiert. Die farbtragenden Partikel schweben gleichsam in dem semitransparenten Trägerstoff Harz und bauen so einen dreidimensionalen Luftraum im Bildkörper auf, der mit Farblicht erfüllt erscheint. Die Verwendung dieser zwar sehr transparent aber auch undurchdringlich festen Stofflichkeit der Harze führt aber auch dazu, dass sich die Arbeiten in sich selbst verschließen und so mit dem Rezipienten in einen Dialog treten, in dem der Betrachter sich selbst fast als Bestandteil der inneren Farbsemantik gespiegelt und eingetaucht sieht. Die Werke werden zu hermetischen Farbbatterien, die in sich das Potential tragen, Farbigkeiten in ihrer Komplexität zur Anschauung zu bringen.

Die Auswahl der Materialien erfolgt immer unter seiner sehr strengen und reduzierten Sicht auf Oberflächen, auf graduelle Differenzierungen, auf farbliche Reduktionen und speist sich nicht aus dem Gegensatz von Stoffen und Oberflächen, sondern eher im Gegenteil: die Materialien geben ein sehr subtiles Credo für einen gestalterischen Minimalismus, der ein Maximum an Prozessen in Zeit und Raum deutlich werden lässt.

Die Oberflächen der Bildgestaltungen von Dirk Salz wirken aus der großen Distanz sehr homogen und von nahezu kühler Präsenz. Erst in der Nähe durch Annäherung an die Bildobjekte selbst werden die unterschiedlichen Schichten und Überlagerungen im Innern offenbar. Dann in der unmittelbaren Nähe zur Oberfläche entwickelt sich eine Sogwirkung ins Innere der Bilder, die die unterschiedlichen Strukturen von Malerei gleichsam reflektieren, ohne sie unmittelbar preiszugeben. 

Faszinierend ist in der Anschauung, dass die Technik des Aufeinanderschichtens und der Ausbildung eines dreidimensionalen Farbraumkörpers einhergeht mit einer absolut reduzierten Dichte und Dicke der einzelnen Farbschichten, die in Lasuren und in vielen Überlagerungen sich zu einem solchen inneren Körper aufbauen. Dazu werden Teile des Bildes abgeklebt, die im nächsten Arbeitsgang mit nicht pigmentiertem Harz gefüllt werden und so Räume reinen Lichtes im Inneren der Komposition schaffen. Das komplexe Netzwerk von farbigen Flächen und Formen mal transparenter, mal dichter in den sie überschneidenden Schichten ist alles andere als zufällig. Die Anzahl der erforderlichen Schichtungen, die Materialien, die Farbigkeiten und die Abfolge der Flächen untereinander sind vorab präzise geplant und angelegt. Arbeitsgänge und Richtungen sind komplex und erweisen sich als Prozesse einer zeitlichen Verdichtung.


Harald Schmitz-Schmelzer

Die Arbeiten von Harald Schmitz-Schmelzer einem Gattungsbegriff zuzuordnen wie Objekte oder wie Bilder, ist schwer möglich. Seine schmalen, stelenartigen Bildobjekte lassen sich jedoch unter einem Begriff betrachten, der ihnen auf den ersten Blick oftmals nicht zugesprochen wird. Der Begriff der Malerei ist es, unter dem diskutiert, die Bildobjekte einen wichtigen Aspekt ihres Charakters deut­lich machen. Was jedoch meint Malerei, wenn der Künstler weder einen Pinsel verwendet hat noch Farben im klassischen Sinn wie Ölfarben, Acrylfarben oder Aquarellfarben, wenn der Künstler auch nicht mit Spachteln oder anderen Hand­werksgeräten gearbeitet hat, um malerische Substanzen auf einen Bildträger zu bringen wie Holz oder Leinwand, wenn der Akt des künstlerischen Prozesses kein spontan-gestischer oder zirkelnd abwägender oder konstruktiv planender ist und der Künstler seine Bilder stattdessen aus Materialien wie Kunststoff, Holz und Objekten des Alltags „zusammengießt“. Malerei meint im Werk von Schmitz-Schmelzer in erster Linie Farbe – als visuelle Erfahrung und als Raumkörper.

Die Arbeiten von Harald Schmitz-Schmelzer haben sich von Beginn an einer Zuordnung verweigert und waren stets in einem Grenzbereich von Malerei und Objekt bzw. Architektur angesiedelt.

Wahrnehmungsästhetische Fragen haben Harald Schmitz-Schmelzer immer stärker beschäftigt als die Fragen konkreter handwerklicher Umsetzung. Sehr früh postuliert Harald Schmitz-Schmelzer für seine Arbeiten die Themen Raumerfahrungen, Farbraumsehen und Wahrnehmungserlebnisse, die sich aus monochromem Farbsehen heraus entwickeln. Die Materialität hat in diesem Kontext in den Arbeiten von Harald Schmitz-Schmelzer bereits früh eine wesentliche Rolle gespielt. 

Reines Pigment, gelöst im Material des Kunstharzes, wird in vielen Schichten übereinander gegossen und in der letzten Behandlung durch den Künstler entweder hochglänzend, transparent poliert oder mattierend geschliffen, so dass Farbe und Material undurchsichtig und weich erscheinen. Farbe, das lehrt uns auch die Natur, ist weniger eine Qualität der Oberfläche, sondern eine Beschaffenheit der Objekte und ein Zustand, der für mehr zutrifft als nur für die oberste Schicht. Farbe als Wahrnehmungsphänomen ist auch eine Erfahrung im Raum, die sich nicht an der Oberfläche, sondern im Raum zwischen dem Objekt der Betrachtung und dem Betrachter selbst vollzieht.

Harald Schmitz-Schmelzers Bild-Gebilde geben der Farbe in zweierlei Hinsicht Raum. In Aufhebung eines Bildträgers, der in diesen Arbeiten sein Analog gefunden hat in einem Bildkörper, dem gegossenen Block, in dem, an dem und um den sich Farbe ereignet und Raum evoziert, hat die Farbe Körper und Raum zugleich. Die Bildfläche tritt nicht als Fläche, sondern als Oberfläche eines Körpers in Erscheinung, dessen Umrisse und Grenzen sich wiederum durch die Erfahrung von Farbe und Farbraum für den Betrachter nie genau festlegen lassen. Die Farbe erfüllt das Objekt, das Objekt ist Grundlage für die Farbe. Die Schichten, aus denen sich der Farbraumkörper zusammensetzt, erinnern an Schichten in der Malerei. Farbigkeit ist immer eine Summe von Farben. In Schichten übereinandergelegt entfaltet sich die Dichte, Leuchtkraft und Charakteristik von Farbflächen, Farbräumen und Farbsensationen. 

Ein Dialog ganz besonderer Art mit Farbe, mit Raum, im Bewusstsein eigener Körperlichkeit ist damit möglich. Die Konzentration, mit der der Betrachter in jenen Farbraum hineingezogen wird, konzentriert ihn auf die Arbeit, den Raum und sich selbst.


Die gesellschaft für kunst und gestaltung wird gefördert von der Bundesstadt Bonn.